Running Happy

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Unbedingt lesen: Running wild

von | Apr 9, 2015 | Bücher | 1 Kommentar

Rafael Fuchsgruber / Ralf Kerkeling:
Running wild
Vom Partykönig zum Extremläufer
Delius Klasing Verlag: Bielefeld 2015

Running_wild_Cover

Zehn Jahre vor seinem Sieg beim Desert Ultra Namibia kippt Rafael Fuchsgruber seine letzte Flasche Bier in den Ausguss. Sein Körper hatte den absoluten Warnschuss gesendet nach Jahren der Trinkerei, Raucherei und einem, wie er es selbst nennt, „wilden Leben als Konzertveranstalter und Künstlermanager“ (S. 19), in dem er gleichzeitig teilweise noch als DJ tätig war. Rafael Fuchsgruber ist Anfang 40, als er sich mit Verdacht auf Herzinfarkt auf einer Liege im Krankenhaus wiederfindet. Die Diagnose lautet schließlich Herzmuskelentzündung. Ein Warnschuss seines Körpers. Rafael Fuchsgruber beginnt langsam mit dem Laufen. Sehr langsam. Am Anfang raucht und trinkt er noch. Und steht trotzdem nach nur drei Monaten am Start des Köln Marathons, den er nach fünf Stunden finisht. Er sagt im Rückblick, dass das Laufen ihm geholfen hat, „wieder zu einem Menschen zu werden, von dem ich sehr lange Zeit nur vermuten konnte, dass dieser in mir noch existiert.“ (S. 110).

Es beginnt eine Wahnsinnskarriere als Extremläufer. Rafael Fuchsgruber überwindet mit großer Leidenschaft in den Wüsten dieser Welt, vor allem in seinem geliebten Afrika, schier unglaubliche Distanzen. Dieses wunderbare Buch, das er gemeinsam mit dem Sportjournalisten Ralf Kerkeling geschrieben hat, handelt aber nicht nur vom Laufen. Es ist ein sehr persönliches Buch und erzählt von schweren Krisen und bitteren Momenten, von der Überwindung solcher Momente, es handelt von Freundschaften und von der Liebe. Und immer handelt es vom Leben und vom Laufen zugleich, beides hängt so unglaublich eng zusammen. Das verstehen vermutlich nur Läufer. Wie sehr Laufen das Leben prägen und verändern kann, betont Fuchsgruber: „Extreme Läufe draußen in der Natur sind eine lebensverändernde Erfahrung.“ (S. 33).

Der Zagora Marathon in der Sahara im Jahr 2006 wird Rafael Fuchsgrubers erster Wettkampf in der Wüste. Er hatte vorher in einer Laufzeitschrift Bilder vom legendären Marathon des Sables gesehen und war sofort infiziert. Er wollte auch in die Wüste, unbedingt. Die Entscheidung, sich für den Zagora Marathon anzumelden, hat sein Leben grundlegend verändert, wie er schreibt, es ist der Beginn seiner „ganz großen Liebe für Afrika“ (S. 18). Immer wieder kehrt er in den nächsten Jahren zurück.

Hier wird vieles in ein rechtes Licht gerückt, alltägliche Sorgen können sehr winzig wirken im Laufe einer solchen extremen Erfahrung. Und eine schöne Beobachtung vom Start seines ersten Wüstenlaufs: Er schaut sich um und sieht, dass die marokkanischen Läufer verschiedenste Schuhe an den Füßen haben, seien es Sandalen, Flip-Flops oder alte Fußballschuhe. Hauptsache, sie können hier an den Start gehen. Er sagt (und dieses „Problem“ kennen sicher die meisten von uns): „Ich hatte mich monatelang gefragt, welchen Schuh ich am besten für das Rennen nehme und konnte bis zum Start keine für mich beruhigende Entscheidung treffen. Bei diesem Anblick denke ich darüber nach, was wir doch für Snobs sind.“ (S. 18)

Das Buch ist sehr intensiv, ich habe es verschlungen. Die wunderbaren Begegnungen, die der Bestzeitenjäger beim Stadtmarathon kaum hat, wir Trailläufer schon ungleich mehr – bei diesen Extremläufen, die Rafael Fuchsgruber in der Wüste absolviert hat, gibt es offenbar eine noch stärkere Solidarität und eine ganz besondere Stimmung unter den Läufern. Gerade diese Geschichten sind ungeheuer inspirierend. Oder etwa die Geschichten von der wunderbaren Gastfreundschaft der Beduinen, in deren Zelten die Checkpoints bei einem seiner Rennen sind.

Ach, mich hat vieles inspiriert in diesem Buch. Es handelt in hohem Maße davon, wie viel man schaffen kann, was man im Leben und beim Laufen alles erreichen kann, auch wenn man denkt, dass es gerade wirklich nicht weiter geht. Etwas ist auch dann möglich, „wenn es sich im Vorfeld der Vorstellungskraft entzieht.“ (S. 178) Trotz seiner unbändigen Liebe zum Laufen („Ich liebe das Laufen, und wenn ich hier von Liebe spreche, spreche ich von einer tiefen, ausgeprägten Verbundenheit mit diesem Sport, der mir unglaublich viel gibt und bedeutet.“ S. 164) idealisiert er nichts. Er schreibt über seine Verletzungen, eine schwere Knie-OP und ihm gehen Heldengeschichten auf die Nerven, in denen es nur um Freude und Willensstärke und „den ganzen ‚Tschaka-Kram‘“ geht: „Ich halte es für unverantwortlich, Menschen zu erzählen, dass allein der Wille sie zum Ziel bringen kann.“ (S. 141) Ja, die Motivation bewirke unendlich viel, aber eben nicht ohne entsprechendes Training.

Schwere Krisen gehören zu jedem Ultralauf dazu, durch die wachsende Erfahrung verändert sich nur der Umgang damit. Und auch hier kommt unweigerlich der Vergleich der Krisen im Ultralauf mit denen im „sonstigen“ Leben, bei Rafael Fuchsgruber u.a. ein gewalttätiger Vater und die Alkoholsucht. Er hat es geschafft, sich aus all diesen Krisen herauszuziehen.

Seine Beschreibungen der Wüsten- und sonstigen Rennen (u.a. in Jordanien, Marokko, Kamerun, Namibia, Costa Rica, Indien), der Landschaften und Begegnungen, der ganz großen Gefühle dabei wecken beim Lesen eine übergroße Abenteuerlust. Und – ja, Bewunderung für die Leistungen, die hier vollbracht wurden.

Rafael Fuchsgruber schließt sein Buch mit einer wunderschönen Geschichte, die für ihn selbst die wichtigste im ganzen Buch ist. Kurz bevor er die Arbeit am Manuskript Ende 2014 abschließt, sitzt er mit seiner Frau und seiner Tochter im Flur. „Ich erzähle unserer Tochter nochmal, wie toll und mutig sie mit dem Schlitten ins Tal gesaust ist und dass ich noch stolzer auf sie bin, weil sie jedes Mal wieder so tapfer den Berg hochmarschiert ist. Mara springt spontan auf, rennt zu mir an die Treppe, umarmt mich und sagt: ‚So einen Papa wie dich hab´ ich mir schon immer gewünscht.‘“ (S. 180)

 

Das bin ich

Dr. Andrea Löw, Historikerin und leidenschaftliche Läuferin. Hier nehme ich euch auf meine Laufabenteuer und Reisen mit.

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